Fokus Gesundheit
24. Juni 2021
Diagnose und Behandlung bei Brustkrebs – das BrustCentrum Zürich stellt sich vor
Interview mit Prof. Dr. med. Hisham Fansa, Facharzt für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, Chefarzt Plastische Chirurgie Spital Zollikerberg und Leiter des BrustCentrums Zürich am Spital Zollikerberg

Prof. Dr. med. Hisham Fansa ist seit 2019 Chefarzt Plastische Chirurgie und leitet das BrustCentrum Zürich am Spital Zollikerberg. Er ist stellvertretender klinischer Direktor des zertifizierten BrustCentrums Zürich, das gemeinsam von der Privatklinik Bethanien und vom Spital Zollikerberg betrieben wird. Am Donnerstag, 24. Juni 2021, referierte er gemeinsam mit den Leitenden Ärztinnen und Ärzten Ulrike Bauerfeind, Dr. med. Kristina Bolten, Dr. med. Basil Bättig, Dr. med. Ruedi Schweizer und der Breast Care Nurse Irene Brenneisen zum Thema «Diagnose und Behandlung bei Brustkrebs». Das Interview wurde ein paar Tage nach der Veranstaltung geführt.
Kann ich einer Brustkrebserkrankung vorbeugen, zum Beispiel durch gesunde Ernährung und Bewegung?
Studien zeigen, dass Menschen mit einem gesunden Lebensstil, gesunder Ernährung, regelmässiger körperlicher Aktivität und guter mentaler Gesundheit eine geringere Wahrscheinlichkeit haben, an Brustkrebs zu erkranken. Das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, kann durch Vermeiden der bekannten Risikofaktoren wie zum Beispiel Rauchen, Übergewicht oder übermässiger Alkoholkonsum reduziert werden. Mit einem gesunden Lebensstil kann man aber nicht ausschliessen, an Brustkrebs zu erkranken. Es erkranken immer wieder auch «gesunde» Frauen an Brustkrebs. Regelmässige Screenings können helfen, eine Brustkrebserkrankung frühzeitig zu erkennen und somit die Heilungschancen zu verbessern.
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich von Brustkrebs geheilt werde?
Es gibt unterschiedliche Brustkrebsarten. Einige wenige sind sehr, die meisten weniger aggressiv. Etwa 80 bis 90 Prozent der Frauen, die an Brustkrebs erkranken, werden geheilt und überleben heutzutage. Dies hat mit einer höheren Sensibilisierung und besseren Screening-Methoden (mammographisches Screening) zu tun. Dies führt dazu, dass Brustkrebs heute oft früh erkannt wird und somit besser und gezielter behandelt werden kann, bevor der Krebs weit voranschreitet oder metastasiert. Die Therapien (Immuntherapien, Chemotherapien, Antiöstrogen-/Antihormontherapien) wurden zudem optimiert, was zu einer niedrigeren Rückfallquote und somit einer geringeren Sterberate führt. Heute können Frauen mit Brustkrebs viele Jahre leben oder von Brustkrebs ganz geheilt werden. Bei einer genetischen Vorbelastung kann eine prophylaktische Brustentfernung die Wahrscheinlichkeit, an Brustkrebs zu erkranken, um 85 bis 95 Prozent reduzieren.
Verursacht Brustkrebs Schmerzen? Wenn nicht, woran erkennt man, dass man erkrankt ist?
Nein, Schmerzen gelten nicht als Leitsymptom bei Brustkrebs und sind eher selten. Durch regelmässige Screenings und Tastuntersuchungen, die Frauen zwischen 50 und 70 alle zwei Jahre durchführen lassen sollten, werden Veränderungen frühzeitig erkannt und je nach Notwendigkeit mit einer Mammasonographie, einer Kernspintomographie und/oder einer Biopsie genauer untersucht.
Muss die erkrankte Brust immer operativ behandelt werden und wenn ja, muss immer die ganze Brust entfernt werden?
Ein operativer Eingriff ist bei einer Brustkrebserkrankung in der Regel ein notwendiger Bestandteil der Behandlung. In ca. 70 bis 80 Prozent der Fälle kann der Tumor mit einer brusterhaltenden Operation vollständig entfernt werden. Eine komplette Entfernung der Brust (Mastektomie) ist nur in 20 bis 30 Prozent der Fälle notwendig. Je nachdem, um welche Art Tumor es sich handelt, kann eine zusätzliche Therapie notwendig werden. Meist sind es Strahlentherapie und Chemotherapie sowie eine Antihormontherapie, die Rückfällen vorbeugen sollen.
Welche Möglichkeiten gibt es, um die erkrankte Brust wiederaufzubauen? Welche Vor- und Nachteile haben die verschiedenen Optionen?
Es gibt Möglichkeiten der Brustrekonstruktion durch Eigengewebe oder mittels Implantat. Beide haben Vor- und Nachteile, die individuell mit der Patientin besprochen und evaluiert werden. Ein Implantat kann leicht eingesetzt werden, ohne zusätzliche Narben zu generieren. Jedoch kann das Implantat nicht gut bestrahlt werden. Es wird durch die Strahlentherapie eine Kapselbildung ausgelöst, sodass das Implantat und die Brust hart werden. Oft ist daher anschliessend eine Folgeoperation notwendig. Ein weiterer Nachteil von Implantaten ist, dass diese nicht ein Leben lang halten und nach ca. fünf bis zehn Jahren ausgewechselt werden müssen. Eigengewebe kann im Gegensatz zu Implantaten bestrahlt werden. Es ist weich und warm und verändert sich mit dem Körper. Da das Eigengewebe an einer anderen Körperstelle (Bauch, Oberschenkel, Po, Rücken) zuerst entnommen werden muss, entstehen allerdings dort Narben. Oft schätzt die Patientin eine damit verbundene Bauch- oder Oberschenkelstraffung, was ein willkommener Nebeneffekt sein kann. Die Operation dauert bei einem Wiederaufbau mit Eigengewebe ein wenig länger, ca. drei bis vier Stunden. Sowohl beim Einsatz von Eigengewebe als auch von Implantaten kann eine Angleichung der anderen Brust durchgeführt werden. Die Brust ist gesamthaft zu betrachten, gemeinsam mit der anderen gesunden Brust. Ziel ist ein symmetrisches Bild.
Wie lange dauert die Behandlung bei Brustkrebs?
Die Dauer der Behandlung ist unterschiedlich und vom Tumor abhängig. Im besten Fall ist nur eine Operation mit anschliessender Bestrahlung notwendig. In diesem Fall dauert die Behandlung ca. zwei Monate. Falls noch eine Chemotherapie nötig ist, kann die Behandlung sechs bis neun Monate dauern. Sollte eine Antihormontherapie notwendig sein, um Rückfällen vorzubeugen, ist die Einnahme von entsprechenden Medikamenten während fünf bis zehn Jahren vorgesehen.
Wie werde ich während einer Brustkrebserkrankung begleitet, zum Beispiel durch Ärzte, eine Breast Care Nurse und Psychiater/Psychologen?
Eine Brustkrebserkrankung ist nicht nur für den Körper eine Herausforderung, sondern auch für die Psyche. Dazu kommen oft Unsicherheiten bezüglich der Arbeitssituation sowie der familiären, der finanziellen und der sozialen Situation. Ein Team von Psychoonkologen (Psychiatern und Psychologen) sowie einer Breast Care Nurse steht unterstützend zur Seite. Mit dem Anspruch eines ganzheitlichen Ansatzes bietet eine Breast Care Nurse nebst emotionaler Unterstützung auch Beratungen zu sozialen Unterstützungsmöglichkeiten. Sie hilft bei Entscheidungen, coacht und begleitet die Patientin – auch während der Nachsorge, wenn die eigentliche Behandlung abgeschlossen ist. Psychoonkologen unterstützen die Patientin und ihre Angehörigen ebenfalls. Die Angehörigen sind oftmals stärker auf psychische Hilfe angewiesen als die Patientin selbst. In zertifizierten Brustzentren wie dem BrustCentrum Zürich, Bethanien & Zollikerberg arbeiten Radiologen, Onkologen, Gynäkologen, Brustchirurgen, Rekonstruktive und Plastische Chirurgen wie auch Psychoonkologen und Breast Care Nurses eng zusammen, um der Patientin eine bestmöglich abgestimmte Behandlung und Begleitung zu ermöglichen.