Plötzlich Schmerzen? Gallensteine im Blick behalten
Dr. med. Henner Schmidt
11. Juni 2025
10 min
Gallensteine oder Entzündungen der Gallenblase können zu starken Schmerzen und wiederkehrenden Beschwerden führen. Die gute Nachricht: Dank der minimalinvasiven, laparoskopischen Cholecystektomie ist die Entfernung der Gallenblase heute ein routinierter Eingriff mit kurzer Erholungszeit. Im Blogbeitrag erklärt unser leitender Arzt Dr. med. Henner Schmidt, wann eine Operation sinnvoll ist, wie der Eingriff abläuft und was Patient:innen für eine rasche Genesung wissen sollten.
1. Wann ist eine Gallenblasenentfernung medizinisch notwendig – und welche Beschwerden sind typisch bei Gallensteinleiden?
Eine Gallenblasenentfernung (Cholezystektomie) wird empfohlen, wenn die Gallenblase Beschwerden verursacht oder Komplikationen auftreten. Typische Gründe sind:
- Symptomatische Gallensteine: Wenn Gallensteine Schmerzen oder andere Beschwerden verursachen (z. B. Koliken).
- Entzündungen der Gallenblase (Cholezystitis): Akute oder chronische Entzündung, die häufig durch Gallensteine ausgelöst wird.
- Komplikationen durch Gallensteine: Zum Beispiel Gallengangverschluss, Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung) oder Gallenblasenempyem.
- Polypen oder Tumoren in der Gallenblase: Wenn diese ein Risiko darstellen.
- Funktionelle Störungen oder wiederkehrende Beschwerden ohne erkennbare Ursache.
Typische Beschwerden bei Gallensteinleiden:
- Kolikartige Schmerzen im rechten Oberbauch: Oft nach fettreichen Mahlzeiten, können in Rücken oder in die rechte Schulter ausstrahlen.
- Übelkeit und Erbrechen
- Völlegefühl, Blähungen
- Gelbsucht (Ikterus): Wenn Gallensteine den Gallengang blockieren.
- Fieber und Schmerzen bei Entzündung
2. Was genau passiert bei einer laparoskopischen Cholezystektomie, und wie unterscheidet sich der Eingriff von der offenen Operation?
Die laparoskopische Cholezystektomie ist ein minimal-invasiver Eingriff. Dabei wird die Gallenblase über kleine Hautschnitte (meist 3–4, ca. 0,5–1 cm gross) entfernt.
Um ausreichend Platz zu haben und die Gallenblase gut darstellen zu können, wird während der Operation der Bauchraum mit CO₂-Gas gefüllt. Dadurch hebt sich die Bauchdecke, was mehr Raum und bessere Sicht für den Operateur schafft.
Über eine kleine Kamera (Laparoskop) und spezielle Operationsinstrumente wird die Gallenblase freigelegt. Sie wird vom Gallengang abgetrennt, und Blutgefässe sowie Gallengänge werden sicher verschlossen. Die Gallenblase wird meist durch den Nabel oder einen anderen kleinen Schnitt herausgenommen.
Im Vergleich zur offenen Operation zeigt sich nach dem Eingriff eine deutlich geringere Schmerzbelastung, eine schnellere Erholung, kleinere Narben sowie ein kürzerer Spitalaufenthalt.
Dennoch können bestimmte Umstände (z. B. Narben, Voroperationen oder Komplikationen) eine offene Operation notwendig machen. Dies ist selten und wird dann durchgeführt, wenn die laparoskopische Methode nicht möglich ist. Mitunter muss auch während der laparoskopischen Operation auf das offene Verfahren umgestiegen werden. Bei der offenen Operation wird ein etwa 8 cm langer Schnitt unterhalb des rechten Rippenbogens gesetzt. Darüber kann die Gallenblase ebenfalls freigelegt und entfernt werden.
3. Wie sicher ist die minimalinvasive Methode – und welche Risiken oder Komplikationen können auftreten?
Die minimalinvasive Methode gilt heute als Standardverfahren zur Entfernung der Gallenblase und ist sehr sicher und etabliert. Über 95 % der Eingriffe verlaufen ohne grössere Komplikationen. Dieses Verfahren wird durch moderne Technik ermöglicht und von erfahrenen Chirurgen sicher angewandt.
Neben allgemeinen Operationsrisiken (Nachblutungen, Infektionen an den Einstichstellen oder im Bauchraum, Thrombosen oder Embolien) können spezifische Komplikationen bei der Cholezystektomie auftreten. Die schwerwiegendste Komplikation ist die Verletzung des zentralen Gallengangs (in 0,3–0,6 % der Fälle). Je nach Schweregrad der Gallengangsverletzung können weitere therapeutische Massnahmen (antibiotische Therapie, Einlage einer perkutanen Drainage, ERCP) notwendig werden. Sehr selten muss gegebenenfalls auch eine Nachoperation durchgeführt werden.
Daneben können Verletzungen von Blutgefässen (1–2 % der Fälle) oder von Nachbarorganen (<0,5 % der Fälle) auftreten. Eine Konversion von der minimalinvasiven zur offenen Operation ist in etwa 2 % der Fälle erforderlich.
4. Wie lange dauert der Eingriff, und wann können Patient:innen in der Regel wieder nach Hause und ihren Alltag aufnehmen?
Die Operationsdauer beträgt in der Regel 30 bis 60 Minuten. Bei schweren Entzündungen der Gallenblase kann die Operation auch länger dauern. In der Regel bleibt man 1 bis 3 Tage im Spital. Bereits kurz nach dem Eingriff darf wieder normal gegessen werden. Typischerweise ist nach etwa einer Woche die Rückkehr zur Arbeit und zu leichten Tätigkeiten möglich. Nach zwei Wochen ist in der Regel wieder eine volle körperliche Belastung erlaubt.
5. Gibt es Einschränkungen im Leben ohne Gallenblase?
Die Galle wird in der Leber gebildet und über den Hauptgallengang in den Darm abgegeben. Sie emulgiert die über die Nahrung aufgenommenen Fette, sodass diese im Dünndarm verarbeitet werden können. Die Funktion der Gallenblase besteht in der Speicherung der Gallenflüssigkeit.
Nach Entfernung der Gallenblase fliesst die Galle kontinuierlich, aber weniger konzentriert, direkt von der Leber in den Darm. Grundsätzlich steht zum Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme ausreichend Galle zur Verfügung, um eine normale Verdauung zu ermöglichen. Man darf also im Prinzip alles essen, was einem schmeckt. Dennoch ist eine ausgewogene Ernährung empfehlenswert.
Schwer verdauliche, sehr fettige oder stark gewürzte Speisen können bei manchen Menschen zu Beschwerden führen. In seltenen Fällen kann es bei übermässigem Fettverzehr zu Fettstühlen (Steatorrhö) kommen.
Das Leben ohne Gallenblase ist für die meisten Menschen gut möglich und weitgehend beschwerdefrei – vorausgesetzt, man achtet auf seine Ernährung und beobachtet die individuelle Verträglichkeit.
6. Welche Entwicklungen und Fortschritte gab es?
Die minimalinvasive Entfernung der Gallenblase ist heute weltweit der Goldstandard. Die intraoperative Cholangiographie verbessert die Sicherheit durch genaue Darstellung der Gallenwege. Auch der intraoperative Ultraschall kommt zunehmend zum Einsatz.
Erste Erfahrungen mit der robotischen Cholezystektomie zeigen keine klare Überlegenheit gegenüber der klassischen Laparoskopie. Neue Verfahren wie die Single-Port-Cholezystektomie oder das NOTES-Verfahren (Entfernung über natürliche Körperöffnungen) verbessern die Ästhetik und verringern postoperative Beschwerden.
7. Was empfehlen Sie Patient:innen, die Gallensteine haben, aber keine Beschwerden?
Bei asymptomatischen Gallensteinen lautet die allgemeine Empfehlung: abwarten und beobachten. Etwa 70–80 % der Betroffenen entwickeln keine Beschwerden. Eine vorbeugende Operation wird nicht routinemässig empfohlen, da die Risiken meist den Nutzen überwiegen.
In besonderen Fällen – z. B. bei sehr grossen Gallensteinen (>2–3 cm), Porzellangallenblase oder bestimmten Blutkrankheiten – kann eine präventive Entfernung sinnvoll sein. Auch vor bariatrischen Eingriffen wird sie teilweise empfohlen.
Regelmässige ärztliche Kontrollen und Aufklärung über mögliche Symptome sind in der Regel ausreichend.
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