Wirbelsäulenchirurgie: Alles, was Sie wissen müssen
Dr. med. Filippo Mandelli
12. Dezember 2025
10 min
Am Spital Zollikerberg gilt: höchste Präzision an einem der zentralsten und zugleich anspruchsvollsten Bereiche des Körpers – der Wirbelsäule. Wirbelsäulenchirurgie bedeutet hier nicht nur moderne, minimalinvasive Technik, sondern vor allem fundiertes Fachwissen, Erfahrung und eine sorgfältige, ganzheitliche Betreuung. Dafür steht Dr. med. Filippo Mandelli, Leitender Arzt der Klinik für Wirbelsäulenchirurgie, gemeinsam mit seinem Team. Sie behandeln kompetent und einfühlsam Erkrankungen wie Bandscheibenvorfälle, Spinalkanalstenosen, Wirbelgleiten, Wirbelsäulendeformitäten oder degenerative Veränderungen und begleiten Patientinnen und Patienten auf dem Weg zu mehr Stabilität und Lebensqualität. Im Interview erfahren Sie, worauf es bei diesen komplexen Eingriffen besonders ankommt – und was moderne Wirbelsäulenmedizin heute leisten kann.
Können Sie uns kurz Ihren beruflichen Werdegang schildern und was Sie zur Spezialisierung in der Wirbelsäulenchirurgie geführt hat?
Nach dem Medizinstudium in Mailand entschied ich mich, in die Schweiz zu ziehen, wo ich die Facharztausbildung in Orthopädie und Traumatologie begann. Mein Interesse an der Wirbelsäulenchirurgie entstand sehr früh, bereits in den ersten Ausbildungsjahren im Tessin, insbesondere durch die Begegnung mit Dr. Pedro Berjano, den ich bis heute als meinen Mentor betrachte. Er war es, der mir 2012 die Begeisterung für dieses komplexe und zugleich faszinierende Fachgebiet vermittelte.
Mein Ausbildungsweg führte mich vom Tessin nach Zürich und später nach Basel, wo ich meine Facharztausbildung abschloss und anschliessend als Oberarzt tätig war. Dort konnte ich meine Kenntnisse in der Wirbelsäulenchirurgie in einem dynamischen und anspruchsvollen Umfeld weiter vertiefen.
In den Jahren 2021 bis 2022 kehrte ich im Rahmen einer Fellowship nach Mailand zurück, um erneut mit Dr. Berjano sowie mit Dr. Lamartina zusammenzuarbeiten – zwei international anerkannten Experten der Deformitätenchirurgie. Dieses Jahr war für meine fachliche Entwicklung von zentraler Bedeutung und hat meine Motivation für dieses Spezialgebiet weiter gestärkt.
Was hat Sie motiviert, sich unserem Spital anzuschliessen, und welchen Mehrwert möchten Sie in unser Team einbringen?
Für meinen Wechsel in dieses Spital standen zwei Faktoren im Vordergrund: die Nähe zu meiner Familie sowie die Möglichkeit der Zusammenarbeit mit Dr. Wälchli. Die Arbeit mit ihm ist für mich besonders wertvoll, da er ein äusserst erfahrener und pragmatischer Chirurg ist, der seit Jahren genau jene Eingriffe durchführt, die mich besonders interessieren – darunter anteriore und laterale Zugänge zur Wirbelsäule, endoskopische Verfahren und Eingriffe bei Wirbelsäulendeformitäten.
Ein weiterer Beweggrund war die Grösse des Spitals. Ich bevorzuge überschaubare Strukturen mit kurzen Wegen, effizienten Entscheidungsprozessen und einem starken menschlichen Bezug. In grossen universitären Zentren besteht trotz aller Exzellenz gelegentlich die Gefahr einer gewissen Entpersonalisierung. Hier hingegen finde ich ein Umfeld, das meiner Vorstellung von Medizin sehr entspricht. Dem Team möchte ich vor allem Ruhe, Respekt, Belastbarkeit und eine strukturierte Arbeitsweise einbringen – Qualitäten, die im anspruchsvollen Fach der Wirbelsäulenchirurgie aus meiner Sicht besonders wichtig sind.
Was sind die charakteristischen Merkmale Ihres Ansatzes in der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Wirbelsäulenerkrankungen?
Mir ist der Unterschied zwischen der reinen Behandlung einer Erkrankung und der ganzheitlichen Betreuung eines Menschen besonders wichtig. Patientinnen und Patienten bringen weit mehr mit als nur ihre Pathologie: Erwartungen, Ängste, Lebenserfahrungen sowie individuelle soziale und wirtschaftliche Rahmenbedingungen beeinflussen den klinischen Verlauf wesentlich. Daher kann dieselbe Erkrankung bei zwei Menschen völlig unterschiedliche therapeutische Wege erfordern.
Ein zentraler Aspekt meiner Arbeit ist es, Patientinnen und Patienten auch dann verlässlich zu begleiten, wenn Komplikationen auftreten. Komplikationen gehören zur Chirurgie; entscheidend ist, wie man mit ihnen umgeht und die Betroffenen durch diese schwierige Phase führt. Genau hier entsteht Vertrauen.
Welche sind Ihrer Ansicht nach die wichtigsten aktuellen Trends in der Wirbelsäulenchirurgie?
Wir beobachten eine deutliche Entwicklung hin zu minimalinvasiven Techniken, insbesondere der endoskopischen Wirbelsäulenchirurgie, die aktuell das grösste Wachstumspotenzial aufweist. Diese ermöglicht ein sehr gezieltes und gewebeschonendes Vorgehen sowie häufig eine raschere Erholung.
Gleichzeitig rückt die ganzheitliche Patientenbetreuung stärker in den Fokus. Komorbiditäten, Gebrechlichkeit und die Balance zwischen Eingriffsbelastung und individueller Belastbarkeit gewinnen an Bedeutung – nicht zuletzt aufgrund der alternden, aber zugleich äusserst aktiven Bevölkerung. Die Herausforderung besteht darin, Innovation, Sicherheit und Nachhaltigkeit auszubalancieren.
Welche Rolle spielen minimalinvasive Techniken, und welche Vor- und Nachteile sehen Sie?
Minimalinvasive Verfahren bieten zahlreiche Vorteile – weniger Infektionen, geringere Schmerzen und schnellere Rehabilitation. Dennoch darf Minimalinvasivität kein Selbstzweck sein. Das primäre Ziel bleibt stets die maximale Sicherheit und Wirksamkeit. In bestimmten Situationen kann ein klassischeres Vorgehen ein stabileres und nachhaltigeres Ergebnis erzielen. Zudem ist es wichtig, ein verbreitetes Missverständnis zu korrigieren: «Minimalinvasiv» bezieht sich nicht allein auf die Grösse des Hautschnitts, sondern auf die gesamte physiologische Belastung eines Eingriffs.
In welchen Bereichen haben Sie besondere Erfahrung oder ein besonderes Interesse entwickelt – und weshalb?
Besonders fasziniert mich die Deformitätenchirurgie im Erwachsenenalter. Um dieses komplexe Gebiet zu vertiefen, absolvierte ich eine Fellowship in Mailand bei Dr. Berjano und Dr. Lamartina. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Behandlung der zervikalen Spinalkanalstenose sowie von Wirbelsäulenmetastasen. Die operative Therapie einer zervikalen Myelopathie kann den Lebensweg eines Menschen entscheidend verändern. Wirbelsäulenmetastasen gewinnen aufgrund der langen Überlebensdauer vieler onkologischer Patientinnen und Patienten an Bedeutung und erfordern zunehmend multidisziplinäre Ansätze.
Wie begleiten Sie Patientinnen und Patienten im Entscheidungsprozess – insbesondere bei komplexen Eingriffen?
Ich lege grossen Wert darauf, dass Patientinnen und Patienten ihre Erkrankung und alle verfügbaren Optionen wirklich verstehen. Der Entscheidungsprozess ist heute partizipativ; die Patientin oder der Patient trifft – nach umfassender Aufklärung – selbst die Entscheidung. Dazu braucht es Zeit, klare Kommunikation und eine verständliche Darstellung auch technisch anspruchsvoller Inhalte. Bei komplexen Eingriffen sehe ich die Betroffenen bewusst mehrfach, um eine tragfähige Entscheidung zu ermöglichen.
Wie gehen Sie vor, wenn unklar ist, ob operiert oder konservativ behandelt werden soll?
Diese Situation ist in der Wirbelsäulenchirurgie häufig. Die Entscheidung erfolgt immer gemeinsam mit der Patientin oder dem Patienten, nach transparenter Darstellung der Vor- und Nachteile. Falsche Erwartungen sind ein Warnsignal und müssen offen angesprochen werden. Ebenso spielen individuelle Risikofaktoren eine Rolle. Unsere Aufgabe ist es, nicht um jeden Preis zu operieren, sondern den bestmöglichen Weg zu finden.
Welche Bedeutung hat die interdisziplinäre Zusammenarbeit?
Die interdisziplinäre Zusammenarbeit ist entscheidend für eine optimale Versorgung. Viele Fachpersonen stehen viel häufiger in Kontakt mit den Patientinnen und Patienten als wir Chirurginnen und Chirurgen, ihre Rückmeldungen sind daher zentral. Die Hausärztin oder der Hausarzt nimmt eine Schlüsselrolle ein und muss aktiv in den Prozess eingebunden werden. Unsere Aufgabe endet nicht mit der Prüfung einer Operationsindikation: Wir müssen das Problem ganzheitlich übernehmen und den weiteren Verlauf strukturieren.
Sind Sie in Forschungs- oder Innovationsprojekte eingebunden?
Ich bin Mitglied der Forschungsgruppe von Prof. Dr. med. Cordula Netzer an der Universität Basel. Gemeinsam mit dem Basel Functional Biomechanics Laboratory befassen wir uns mit der funktionellen Analyse von Patientinnen und Patienten mit Wirbelsäulenerkrankungen.
Ich leite ein Projekt zur zervikalen Spinalkanalstenose, das sowohl operativ behandelte als auch konservativ beobachtete Patientinnen und Patienten einschliesst.
Welche zukünftigen Entwicklungen begeistern Sie besonders?
Die endoskopische Wirbelsäulenchirurgie bietet aus meiner Sicht das grösste Innovationspotenzial. Technologische Fortschritte haben ihr in den letzten Jahren zu einer breiten Etablierung verholfen. Gleichzeitig braucht es eine ausgewogene Sichtweise: Viele Eingriffe lassen sich auch mit klassischen Techniken gleichwertig durchführen. In bestimmten Situationen ist die Endoskopie jedoch ein echter «Game Changer».
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