Innovation und Medizin – Interview mit Prof. Fansa
Prof. Dr. med. Hisham Fansa
6. Februar 2023
10 min
Herr Prof. Fansa, Sie sind Chefarzt für Plastische Chirurgie sowie Leiter des BrustCentrums Zürich am Spital Zollikerberg. Erzählen Sie uns, was zeichnet Ihre Arbeit aus?
Unsere Aufgabe ist im Grunde genommen die körperformende Chirurgie. Die Neuformung und die Wiederherstellung. Wir konzentrieren uns bei unserer Arbeit auf ein paar Schwerpunkte: Gesicht, Brust und Bauch. Durch diese Konzentration können wir die Operationen einfach in hoher Qualität anbieten. Das ist es letztlich was wir unseren Patientinnen und Patienten bieten wollen: Gut gemachte Plastische Chirurgie. Bei uns sind ja die Ergebnisse immer irgendwie sichtbar. Ob wir ein Facelift, einen Gesichtstumor oder eine Brust operieren. Am Ende sehen die Patienten das Ergebnis. Die Anforderungen sind daher hoch. Dabei müssen wir unterscheiden zwischen ästhetischen Eingriffen und Rekonstruktionen. Bei den ästhetischen Eingriffen sind die Erwartungen naturgemäss höher. Bei den rekonstruktiven zwar auch, aber hier ist es eben eine Wiederherstellung und nicht das «Original». Wir wollen so gut wie möglich herankommen an das «Original».
Warum die Doppelrolle?
Ich gehöre zu den wenigen plastischen Chirurgen, die sowohl den onkologischen Teil der Brustchirurgie als auch den rekonstruktiven erlernt haben. Ich empfinde das als Vorteil für die Patientinnen. Sie können den onkologischen Eingriff an der Brust, also die Entfernung des Tumors, erhalten, und gleichzeitig erhalten sie das Maximum dessen, was ästhetisch möglich ist, damit die Brust wieder gut aussieht. Als Plastische Chirurginnen und Chirurgen beherrschen wir operative Techniken, die andere nicht in ihrer Weiterbildung erlernt haben. Diese können wir bei jeder Operation anwenden. Anfangs sagen mir die Patientinnen immer: «Hauptsache der Krebs ist weg», aber spätestens, wenn alles überstanden ist, wollen die Patientinnen wieder ihre Normalität zurück: eine normale, wenn möglich symmetrische Brust. Daher ist es wichtig, die Brustform und Brustästhetik schon anfangs gut zu planen und auszuführen.
Wir dürfen nicht vergessen, die Behandlung von Brustkrebs ist ja nicht nur chirurgisch, sondern ein Zusammenspiel aus vielen Fachrichtungen, Behandlern und Therapien. Nur das chirurgische zu sehen, ist da zu wenig. Als onkologischer und plastischer Chirurg kann ich die Patientinnen zusammen mit unseren Kolleginnen und Kollegen im BrustCentrum Zürich durch die schwierige und anstrengende Behandlung lotsen. Unser Wahlspruch dabei lautet: onkologisch sicher und so ästhetisch wie möglich.
Wenn wir Ihre Arbeit betrachten, erkennen wir, dass Sie immer wieder nach Innovation streben – zum Beispiel mit dem neuen Verfahren «Short Scar – Deep Plane (SSDP-Lift)» im Rahmen des Faceliftings. Was treibt Sie an? Und was versprechen Sie sich davon?
Innovation in der Chirurgie ist enorm wichtig. Man kann immer etwas verbessern. Manche chirurgischen Techniken, insbesondere beim Facelift, sind nicht mehr zeitgemäss und müssen für ein verbessertes Ergebnis und die verbesserte Lebensqualität modernisiert werden. Beim Facelift ist es besonders wichtig. Jeder sieht das Ergebnis. Man kann es nicht verbergen. Damit ein Facelift natürlich aussieht, braucht es sehr spezielle operative Techniken und die chirurgische Erfahrung. Im Gesicht gibt es ja einige anatomische Strukturen, die man nicht verletzen sollte. Wir kennen alle die «Celebrities», die ein verunglücktes Lifting hatten. Das wollen unsere Patientinnen nicht. Sie wollen ausgeruht und erholt aussehen. Sie möchten keine Veränderung ihres Aussehens. Es soll einfach frischer sein; wenn sie in den Spiegel schauen, soll nicht eine andere Person herausschauen.
Können Sie uns genauer erzählen, was es mit SSDP-Lift auf sich hat, was die Vorteile sind und für wen diese Technik geeignet ist?
Mit dieser Technik können wir gezielt jüngere Patientinnen operieren, die nur im Wangen und Kieferbereich Veränderungen beklagen, etwa beginnende Erschlaffung der Wangen und Hängebäckchen. Das bekommt man nach nachhaltig nur durch ein Lifting gestrafft. Filler und Fadenlifts lösen das Problem nicht, oder allenfalls nur kurz. Wir können durch kürzere Schnitte und eine spezielle Straffung der Unterhaut ein gutes, lang anhaltendes Ergebnis erzielen, ohne dass es zu sehr anschwillt. Man ist schneller wieder gesellschaftsfähig als bei den anderen Techniken. Auch bereits voroperierte Patientinnen sind häufig geeignet. Wenn zusätzlich der Hals erschlafft ist muss man allerdings auch die Schnitte hinter dem Ohr machen.
Kommen wir nochmals auf Ihren Innovationscharakter zurück. Im Rahmen der Brustkrebsbehandlung haben Sie eine lange in Vergessenheit geratene Technik wieder eingeführt und sogar technisch verbessert. Wie ist es dazu gekommen?
Bei manchen Patientinnen mit Brustkrebs müssen wir leider die Brustwarze entfernen, da der Krebs zu nahe ran geht. Das gilt aber meist nur für die sogenannte «gestielte» Operation. Wenn man die Brustwarze aber als freies Transplantat erhalten kann, ist es für die Patientinnen deutlich angenehmer. Das ist eine alte Technik aus einer Zeit, bevor man moderne rekonstruktive Techniken eingeführt hat. Dementsprechend kennen viele das gar nicht. Diese Technik funktioniert aber nur, wenn man erstens in der Operation nachweisen kann, dass kein Krebs an der Brustwarze ist und die Technik beherrscht, wie man die Brustwarze wieder einnäht. Und, das ist sicher das Wichtigste: Wo auf der Brust. Eine Brustwarze muss an der passenden Stelle positioniert sein. Eine Brustwarze an der falschen Stelle stört die Harmonie. Dank einiger Vorarbeit konnten wir genau diese Punkte studieren und diese alte Technik wieder einführen.
Was für ein Meilenstein, dass Sie mit dieser neuen Operationstechnik schon die erste Patientin erfolgreich von Krebs befreien und gleichzeitig die Brustwarze erhalten konnten. Es gibt also Hoffnung auch für weitere Patientinnen?
Inzwischen verwenden wir die Technik bei allen Patientinnen, die davon profitieren können. Die Rückmeldungen sind sehr positiv. Es verbessert einfach die Lebensqualität der Patientinnen.
In den Medien wurde auch schon darüber berichtet. Arbeiten Sie bereits an zukünftigen Projekten, über die Sie dann gerne in den Medien lesen würden?
Mein Team und ich arbeiten immer daran, unsere Techniken zu verbessern. Viele «Kleinigkeiten» können einen deutlichen Sprung aus machen. Dabei konzentrieren wir uns auf unsere Schwerpunkte. So haben wir eine neue Technik zur Bauchstraffung eingeführt. Damit brauchen die Patientinnen keine Drainagen mehr. Gleichzeitig können wir auf die bisher notwendige Narbe am Nabel verzichten. Auch bei Bruststraffungen und Brustverkleinerungen haben wir durch eine technische Modifikation die Operationszeit deutlich reduzieren können, ohne das ästhetische Ergebnis zu beeinträchtigen.
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