Handchirurgie: Alles, was Sie wissen müssen – ein Interview mit Dr. med. Andreas Schierz, Chefarzt und Leiter der Klinik für Chirurgie des Spitals Zollikerberg
Dr. med. Andreas Schierz
24. Oktober 2025
5 min
Am Spital Zollikerberg gilt: exakte Chirurgie an einem der faszinierendsten und zugleich komplexesten Körperteile – der Hand. Handchirurgie bedeutet hier nicht nur moderne Technik, sondern vor allem sehr exaktes Handwerk. Dafür stehen Dr. med. Andreas Schierz, Chefarzt und Klinikleitung der Chirurgie, gemeinsam mit seinem Team: Sie behandeln einfühlsam und kompetent Beschwerden wie Karpaltunnelsyndrome, schnellende Finger, Ganglien, Handverletzungen oder Frakturen und sorgen mit Ergotherapie dafür, dass die Beweglichkeit Ihrer Finger wiederhergestellt wird. Im Interview erfahren Sie, worauf es bei diesen sensiblen Eingriffen besonders ankommt.
Die Hand gilt als eines der komplexesten Organe des Körpers. Was fasziniert Sie persönlich an der Handchirurgie?
Mich erfüllt es, wenn ich Menschen mit Verletzungen oder Erkrankungen wieder eine gute Handfunktion ermöglichen kann. Ein Patient oder eine Patientin, der oder die zufrieden aus meiner Nachkontroll-Sprechstunde geht, bereitet mir grosse Freude.
Welche Erkrankungen oder Verletzungen behandeln Sie am häufigsten – und wie unterscheiden sich diese je nach Altersgruppe?
Wir behandeln häufig chirurgisch unkomplizierte Erkrankungen oder Verletzungen. Sehr häufig operiere ich das Karpaltunnelsyndrom. Hierbei handelt es sich um eine Einengung an einem der Hauptnerven zur Hand, was zu Gefühlsstörungen an bestimmten Fingern und dadurch zu Funktionseinschränkungen der Hand führen kann. Dies kann in allen Altersgruppen auftreten, wenn auch jüngere Menschen eher weniger betroffen sind. Eine OP kann hier rasch Abhilfe bringen. Ebenfalls häufig sind Knochenbrüche an der Hand. Allerdings müssen längst nicht alle Frakturen operiert werden, oft genügt eine spezielle Schienenbehandlung. Komplexe Verletzungen oder Erkrankungen, die z.B. ein künstliches Fingergelenk brauchen, behandeln wir bei uns nicht.
Viele Patientinnen und Patienten sind verunsichert, wenn eine Operation an der Hand nötig wird. Wie nehmen Sie ihnen die Angst vor einem Eingriff?
Ich versuche immer, den Patientinnen und Patienten gut zu erklären, was sie erwartet, und verwende dabei möglichst keine Fachbegriffe, damit auch Laien alles verstehen. Zudem schildere ich den Ablauf der Operation – von der Vorbereitung bis zur Entlassung bei den meist ambulant durchgeführten Eingriffen. Das baut Vertrauen auf und hilft, Ängste zu lindern.
Welche Rolle spielen «minimalinvasive Techniken» und moderne Bildgebung in der Handchirurgie heute?
Oft versteht man unter «minimalinvasiver Technik» nur, dass der Hautschnitt möglichst klein ist. Die Narbe ist häufig auch das Einzige, was man nach einer Operation noch von aussen sieht. Wichtig ist jedoch ebenso, dass auch im Inneren möglichst gewebeschonend gearbeitet wird. Da hilft es, als Operateur eine ruhige Hand zu haben.
Die Bildgebung spielt bereits in der Diagnostik eine wichtige Rolle, z. B. mittels Röntgen, MRI oder Ultraschall. Bei Knochenbrüchen wird oft eine Computertomografie eingesetzt, um das Bruchmuster besser zu verstehen oder den Bruch überhaupt zu erkennen. Allerdings braucht es nicht in allen Fällen eine Bildgebung – häufig reicht die klinische Untersuchung für eine klare Diagnose.
Neben der Operation selbst ist die Nachbehandlung entscheidend. Wie arbeiten Sie mit Physiotherapie und Ergotherapie zusammen?
Je nach Eingriff kann eine ergo- oder physiotherapeutische Nachbehandlung entscheidend für den Erfolg sein – sei es durch eine gezielte Schienenbehandlung oder eine Bewegungstherapie. Wir arbeiten eng mit unserem Therapiezentrum zusammen. Für Patientinnen und Patienten, die weiter entfernt wohnen, finden wir jedoch auch Lösungen in ihrer Wohnregion. Gleichzeitig braucht es nicht bei jeder Diagnose oder Operation eine solche Therapie.
Gibt es typische Missverständnisse oder Mythen über Handchirurgie, mit denen Sie oft konfrontiert werden?
Viele Beschwerden können mit kleinen Eingriffen in örtlicher Betäubung behandelt werden – z. B. ein «Schnappfinger» oder, je nach Lokalisation, ein Ganglion (Ausstülpung der Gelenkkapsel) an den Fingergelenken. Es braucht also nicht immer eine Vollnarkose.
Was wünschen Sie sich für die Weiterentwicklung der Handchirurgie am Spital Zollikerberg in den nächsten Jahren?
Ich behandle nun seit über 20 Jahren Patientinnen und Patienten mit Beschwerden oder Verletzungen der Hand. Um auch in Zukunft – oder etwa bei Abwesenheiten – das Angebot am Spital Zollikerberg sicherzustellen, hat Frau Dr. L. Aloji, ebenfalls Unfallchirurgin mit grosser Freude an der Handchirurgie, unser Kaderteam verstärkt. Gemeinsam engagieren wir uns für alle Patientinnen und Patienten mit Handbeschwerden.
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