Einblicke in die Berufswelt der Ernährungsberatung
8. März 2023
10 min
Was dürfen Berufseinsteiger von der Ausbildung erwarten?
Das Bachelor-Studium «Ernährung und Diätetik» ist ein vielseitiges Studium, das verschiedene Themenbereiche in Bezug auf die Ernährung verbindet: Lebensmittelkunde, Medizin, Psychologie und Beratung. Ich persönlich habe das Studium an der Berner Fachhochschule (BFH) absolviert, weshalb ich nachfolgend den Studiengang in Bern kurz erläutern werde. Neben der BFH bietet aber auch die Fernfachhochschule (FFHS) in Zürich den Studiengang an.
Das Vollzeitstudium an der BFH setzt sich aus sechs Semestern zusammen. Im ersten Studienjahr steht die Ernährung des gesunden Menschen im Vordergrund. Im zweiten Studienjahr widmet man sich der Beratung und Therapie von kranken Menschen, bevor man sich im dritten Jahr in beraterischen sowie ernährungstherapeutischen Themen vertieft. Studienbegleitend werden drei Praktika absolviert, die im ambulanten oder stationären Bereich, aber auch in der Forschung, Prävention oder Industrie absolviert werden können. Im Anschluss an die drei Studienjahre schliesst man das Studium mit einem Praxismodul von zehn Monaten ab, das den Einstieg in die Berufspraxis fördern und erleichtern soll.
- Linda Feer, Ernährungsberaterin
Was motiviert dich bei deiner Arbeit?
Motivierend ist, wenn ich Patientinnen und Patienten in ihrem Genesungsprozess unterstützen kann oder dazu beitragen darf, dass ihre Lebensqualität sich ein Stück verbessert. Ein «Danke» von Patientinnen, Patienten und/oder Angehörigen, egal ob laut ausgesprochen oder symbolisch durch ein Lächeln, stellt mich im Alltag immer wieder auf. Zudem motiviert mich der kollegiale Umgang im interprofessionellen Team des Spitals.
- Madelaine Kindt, Ernährungsberaterin
Was macht deinen Berufsalltag so besonders?
Jeder Tag ist anders und bringt neue Herausforderungen mit sich. Wir arbeiten selbständig und im Team. Die Zusammenarbeit mit vielen verschiedenen Berufsgruppen ist spannend und bringt Abwechslung in den Berufsalltag. Unsere therapeutischen Interventionen richten sich nach der Krankheit. Die Essgewohnheiten, die Kultur, die Erfahrungen unserer Patientinnen und Patienten sowie die finanziellen Möglichkeiten beeinflussen unsere Arbeit ebenfalls. Das setzt grosses Einfühlungsvermögen und Flexibilität voraus.
- Rahel Wymann, Ernährungsberaterin
Was sind deine grössten Herausforderungen bei der Arbeit?
Essen ist ein sehr persönlicher Vorgang, der weit über die reine Zufuhr von Nährstoffen reicht. Mit unserer Nahrung verknüpfen wir bestimmte Erinnerungen, Familientraditionen, individuelle Überzeugungen und auch gerne Emotionen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass eine vorgeschlagene Veränderung dieser tiefverankerten Gewohnheiten nicht selten auf Widerstand stösst. Zudem erschwert ein gefestigtes Essmuster eine rasche, nachhaltige Umstellung. Fortschritte können in diesem Fall häufig nur in kleinen Schritten vollzogen werden, was sich mit unserem leistungsgeprägten, hektischen Alltag oft nicht vereinbaren lässt. Neben Zeit braucht es für die Ernährungsumstellung auch einen Mehraufwand, den nicht alle bereit sind zu leisten. Schliesslich handelt es sich bei den Ernährungsempfehlungen grösstenteils nicht um Handlungen, welche für eine begrenzte Zeit vorgenommen werden sollten, sondern um eine Gewohnheitsumstellung fürs Leben. Eine weitere Herausforderung ist, dass neben den zahlreichen, nützlichen Informationen im Internet, auch viele undifferenzierte und nicht evidenzbasierte Empfehlungen zu finden sind. Diese können leider auch zu einer einseitigen und schädlichen Ernährungsweise führen. Diese Fehlinformationen müssen im Gespräch aufgeklärt werden. Dass all diese Faktoren Frustration und Verwirrung auslösen können, ist nachvollziehbar. Es ist die Aufgabe der Ernährungsberatung, die Patientinnen und Patienten bei der Übermittlung der individuellen Ernährungsempfehlungen mit realistischen Zielen zu konfrontieren, die Selbstwirksamkeit zu unterstützen und die ursprüngliche Motivation vor Augen zu halten.
- Patrizia Burger, Ernährungsberaterin
Wieso hast du dich für den Beruf der Ernährungsberaterin entschieden?
Ich bin im Kindergarten das erste Mal mit dem Beruf in Berührung gekommen. Damals besuchte uns eine Ernährungsberaterin und lehrte uns das optimal zusammengestellte Znüni. Ich war total fasziniert. So hat mich der Beruf bis ins Jugendalter nicht mehr losgelassen. Zum einen, weil ich gerne mit Menschen arbeite, zum anderen, weil mich der medizinische Hintergrund sehr interessiert. Und da ich noch dazu unglaublich gerne esse und mir alles rund um das Essen Freude bereitet, vereint das Berufsbild der Ernährungsberaterin alle meine Interessensgebiete. Die Verknüpfung aus ernährungsbezogenem Fachwissen und medizinischen Kenntnissen machte es für mich aus. Deshalb habe ich mich für diesen Beruf entschieden. Das Beste daran ist, dass ich mit meinem Fachwissen andere Menschen unterstützen und ihnen mit Rat zur Seite stehen kann. Das gibt mir unglaublich viel.
- Alexandra Frank, Ernährungsberaterin
Wie sieht ein gewöhnlicher Arbeitsalltag als Ernährungsberaterin im Spital Zollikerberg aus?
Im stationären Setting ist ein «gewöhnlicher Arbeitsalltag» eher eine Seltenheit. Normalerweise ist unser Arbeitstag im Spital Zollikerberg gefüllt mit Patientinnen- und Patientengesprächen auf den Stationen. Dabei werden unter Beachtung krankheitsspezifischer Ernährungsempfehlungen individuelle Interventionen abgeleitet. Wir bieten stationäre Betreuung sowie ambulante Beratungen an. Dabei werden wir mit verschiedensten Bedürfnissen und Lebenssituationen konfrontiert. Nebst administrativen Tätigkeiten nimmt auch die interprofessionelle Zusammenarbeit im Spital mit Hotellerie, Diätküche, Pflege und Ärztinnen und Ärzten viel Zeit in Anspruch und ist von grosser Wichtigkeit, um die bestmögliche Therapie für Patientinnen und Patienten gewährleisten zu können.
- Tatjana Zaugg, Ernährungsberaterin
Wie unterscheidet sich die Ernährungsberatung im stationären und ambulanten Setting?
Ambulante Beratungen machen im ernährungstherapeutischen Alltag im Spital Zollikerberg ca. 30 Prozent aus. Im Vergleich zu stationären Beratungen sind ambulante in der Regel bereits Tage bis Wochen vorausgeplant. Die Betreuung dauert oftmals mehrere Wochen bis Monate, teilweise sogar Jahre. Auch im ambulanten Bereich sind die Themen und Anliegen der Patientinnen und Patienten sehr breit gefächert: Von «klassischer» Gewichtsreduktion, über Diabetes, bis hin zu Intoleranzen oder Fehlernährungen ist alles dabei. Die interprofessionelle Zusammenarbeit ist im ambulanten Bereich normalerweise nicht ganz so ausgeprägt wie im stationären Setting. Nebst der Ärztin oder dem Arzt kann im ambulanten Setting auch eine weitere Bezugsperson eine wichtige Anlaufstelle für die Ernährungsberatung sein.
- Sabrina Vontobel, Ernährungsberaterin
«Ein Beruf, der sich weiterentwickelt» – was bedeutet das?
Der Beruf der Ernährungsberatung ist für mich vielseitig und vielschichtig. Im Spitalalltag bin ich mit diversen medizinischen Diagnosen und Charakteren von Patientinnen und Patienten konfrontiert. Dies macht die Arbeit auch so spannend, herausfordernd und schön. Nebst der Arbeit mit Patientinnen und Patienten bin ich auch im Bereich von Lehre und Weiterbildung tätig. Ich bereite Vorträge, Workshops und Kurzinputs vor für Pflegende, Mitarbeitende der Hotellerie, Diätköche und auch Ärztinnen und Ärzte oder für externe Personen.
Die Berufsfelder der Ernährungsberatung sind unterschiedlich. Im Vergleich zu früher, als das Berufsfeld grösstenteils in Spitälern angesiedelt war, finden wir die Ernährungsberatung heute auch vermehrt in Rehakliniken, im Home Care Bereich, in der Lebensmittelindustrie, im Projektmanagement und im Marketing wie auch in der Selbständigkeit und einiges mehr. Somit findet jede und jeder seinen Bereich, in dem er oder sie sich mit dem Thema der Ernährung in verschiedenen Facetten auseinandersetzen kann.
- Daniela Facchin-Scholze, Leitung Ernährungsberatung / Ernährungsberaterin
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