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Ratgeber

Diagnose Darmkrebs: Welche Behandlungen gibt es?

PD Dr. med. Matthias Sauter

PD Dr. med. Matthias Sauter

4. April 2023

lesezeit

8 min

Im Interview liefert Dr. med. Matthias Sauter Antworten und verrät, welche Fortschritte die Behandlung von Darmkrebs im Laufe der Zeit gemacht hat.

Ein Tumor wird festgestellt und die Diagnose lautet Darmkrebs. Herr Sauter, wie gehen die Betroffenen in dieser Situation am besten vor?

Eine solche Diagnose mitgeteilt zu bekommen, ist meist unerwartet und oft ein grosser Schock. Hier gilt es dennoch, Ruhe zu bewahren. Oft vereinbare ich ein oder zwei Tage später ein zweites Gespräch, weil sehr viele Fragen auch erst im Laufe der Betreuung aufkommen. Ich biete den Patient:innen an, ein Familienmitglied oder ein:e Freund:in zum Termin mitzubringen. Es kann ebenfalls hilfreich für die Betroffenen sein, sich während des Gesprächs Notizen zu machen. Wichtige Fragen sind die weiteren Abklärungsschritte, das Stadium der Erkrankung und die Art der Therapie. Häufig wollen die Patient:innen, dass der Tumor am besten heute oder morgen herausoperiert wird. Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass sich solche Tumore nicht innerhalb weniger Tage ausbreiten. Das bedeutet, dass es in der Regel keinen Unterschied macht, ob der Tumor am Folgetag oder zwei Wochen später operiert oder behandelt wird. Es sollte genügend Zeit für ein gründliches «Staging» eingeplant werden.

Welche Schritte folgen auf eine solche Diagnose?

Wenn bei einer Dickdarmspiegelung ein Tumor festgestellt wird, erfolgt eine Entnahme von ganz kleinen Proben, sogenannten «Biopsien». Diese werden von der Pathologie unter dem Mikroskop mit verschiedenen Färbungen untersucht, um den Tumor genauer zu klassifizieren, da dies einen grossen Einfluss auf die Art und Intensität der Therapie hat. Gleichzeitig wird ein bildgebendes Verfahren durchgeführt, in der Regel eine Computertomographie, um nach Ablegern in Lymphknoten und anderen Organen wie der Leber oder der Lunge zu suchen.

Lassen Sie uns kurz über die individuelle Behandlungsstrategie sprechen: Inwieweit spielt das Stadium der Erkrankung dabei eine Rolle?

Das Stadium spielt eine sehr wichtige Rolle, genauer die Fragen, ob der Krebs oberflächlich auf der Schleimhaut liegt oder in die Tiefe wächst und ob Lymphknoten oder andere Organe befallen sind. Vom Stadium, der Lokalisation (Mastdarm oder Dickdarm) und den Eigenschaften des Tumors unter dem Mikroskop hängt ab, ob primär eine Operation, eine Chemotherapie, eine Bestrahlung oder eine Kombination verschiedener Therapien zum Einsatz kommt. Manchmal folgt die Chemotherapie vor einer Operation – beispielsweise beim Mastdarmkrebs in Kombination mit einer Bestrahlung –, manchmal danach.

Darmkrebs kann nicht nur im Dickdarm, sondern auch im Dünndarm nachgewiesen werden: Wie unterscheiden sich die möglichen Therapien für die Patient:innen?

Das ist richtig. Tumore können auch im Dünndarm auftreten, diese sind aber viel seltener. Zudem entwickeln sie sich meist nicht aus Vorstufen. Aus diesen Gründen ist eine gute Vorsorge nicht möglich. Die Therapie ist ähnlich wie beim Dickdarm – eine Kombination aus Operation, Chemotherapie und Bestrahlung.

Werfen wir abschliessend noch einen kurzen Blick in die Vergangenheit: Wird Darmkrebs heute noch genauso behandelt wie vor 20 Jahren?

Nein, es gibt enorme Fortschritte. Bei der Operation wird oft die «Laparoskopie» eingesetzt, also die Schlüsselloch-Chirurgie, bei der mittels drei bis vier kleinen Schnitten im Bauch eine Kamera und Instrumente in den Bauchraum eingeführt werden, um den Tumor zu entfernen. Manchmal muss vorübergehend ein künstlicher Darmausgang (Stoma) angelegt werden, in der Mehrzahl der Operationen ist das aber nicht notwendig.

Nicht nur bei der Operation, sondern auch bei den medikamentösen Therapien sind in den letzten Jahren enorme Fortschritte möglich geworden. Die Chemotherapien sind viel verträglicher und auch effizienter geworden. Früher konnten Patient:innen mit Ablegern, zum Beispiel in der Leber, nicht geheilt werden, heute ist das oft möglich. Es gibt zudem eine Vielzahl neuer Therapien, die beispielsweise mittels Antikörper die Krebszellen töten; oder Therapien, die das Immunsystem befähigen, den Tumor anzugreifen, sogenannte «Checkpoint-Inhibtoren», um nur einige Beispiele zu nennen.

Portraitfoto von PD Dr. med. Matthias Sauter

PD Dr. med. Matthias Sauter

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